Krankheitsverlauf und Symptome bei Hashimoto-Thyreoiditis
Eine Information der Autoren des Hashimoto-Guide vom Zentrum für Schilddrüsenerkrankungen Dr. Lunow und Partner
Da die Entzündung der Schilddrüse meist langsam beginnt, werden die Symptome und Beschwerden der Hashimoto-Thyreoiditis zunächst kaum wahrgenommen oder andere Ursachen vermutet.
Die Hashimoto-Thyreoiditis, auch bekannt als chronisch lymphozytäre oder Autoimmunthyreoiditis (AIT) ist eine der häufigsten Autoimmunerkrankungen. Unspezifische Symptome wie Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Traurigkeit oder Gewichtszunahme stellen sich nach und nach ein und die Betroffenen gewöhnen sich an diese Veränderungen. Die eigentliche Ursache aber, die chronische Schilddrüsenentzündung wird nicht diagnostiziert. Häufig liegt schon eine latente Schilddrüsenunterfunktion vor, die aber durch die Anwendung veralteter Normwerte für TSH (bis 4,0 gilt als „hochnormal“) nicht diagnostiziert wird. Die Beschwerden der Patienten werden deshalb in der Regel von den Ärzten nicht der Hashimoto-Thyreoiditis zugeordnet, was für die Betroffenen dann leider meist einen langen Leidensweg von Arzt zu Arzt zur Folge hat.
Der Krankheitsverlauf von Hashimoto Thyreoiditis beginnt im Allgemeinen kaum wahrnehmbar. Viele Patienten nehmen diese Symptome als schicksalsgegeben hin. Erst nach der probeweisen Einnahme von Schilddrüsenhormonen, stellen die Patienten dann fest, wie gut es ihnen eigentlich gehen könnte. Dabei führen oft schon geringe Dosen von Schilddrüsenhormonen zu einer deutlichen Verbesserung des Allgemeinzustandes mit Rückgang der Beschwerden.
Hier können Sie einen Online-Termin bei unseren Schilddrüsen-Experten buchenDa die verschiedenen Organe unseres Körpers Schilddrüsenhormone unterschiedlich aufnehmen, stellen sich nicht selten paradoxe Symptome und Beschwerden einer Überfunktion bzw. Unterfunktion der Schilddrüse ein: Anzeichen beider Störungen können gleichzeitig auftreten oder sich abwechseln.
Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass die Produktion von Schilddrüsenhormonen schwankt, z.B. in Abhängigkeit von den Jahreszeiten: Zu Beginn des Winters ist der Hormonbedarf oft erhöht, zu Beginn des Sommers benötigt man dagegen manchmal weniger Schilddrüsenhormone. Auch während einer Schwangerschaft benötigt der Körper mehr Schilddrüsenhormone, ebenso bei der Einnahme der Anti-Babypille.
Wir haben zudem die Erfahrung gemacht, dass Patienten mit hohen Antikörper-Titern (anti-TPO, anti-TG) starke Schwankungen in ihrer eigenen Thyroxin-Produktion haben, sodass sich die Dosisfindung bei dieser Patientengruppe oft als sehr schwierig erweist.
Hashimoto-Schub verursacht eine passagere Schilddrüsenüberfunktion
Zu Beginn der Hashimoto-Thyreoiditis kann es zu einer übermäßigen Produktion von Schilddrüsenhormonen kommen, sodass im Organismus ein entsprechendes Überangebot entsteht. Diese Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) wird als „Hashitoxikose“ bezeichnet. Auch im weiteren Krankheitsverlauf kann es in Phasen einer besonders hohen Entzündungsaktivität zu vorübergehenden Symptomen einer Schilddrüsenüberfunktion kommen, da die Schilddrüse die Hormone auf Vorrat produziert und diese dann durch die Zerstörung der Schilddrüsenzellen unkontrolliert ausgeschüttet werden. Typische Symptome einer Schilddrüsenüberfunktion sind:
Schwitzen, Herzrasen, hoher Blutdruck (Hypertonie), Gewichtsabnahme, Durchfall, gesteigerte Angst, Rast-und Ruhelosigkeit („immer auf der Überholspur“), zitternde Hände, Muskelschwäche, Muskelzittern, Schlaflosigkeit, Nervosität und Heißhunger.
Symptome wie Schwitzen werden bei Frauen in den Wechseljahren dabei nicht selten irrtümlicherweise als Wechseljahrsbeschwerden eingestuft.
Daher sollte auch bei derartigen, scheinbar typischen Beschwerden anderer Herkunft immer auch eine Schilddrüsendiagnostik erfolgen, um eine Hashimoto-Thyreoiditis auszuschließen.
Gewebezerstörung führt zu einer Schilddrüsenunterfunktion
Der typische Verlauf einer Hashimoto-Thyreoiditis ist durch eine fortschreitende Zerstörung der Schilddrüse gekennzeichnet. Deshalb stehen im weiteren Krankheitsverlauf die Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) im Vordergrund. Immunpathogenetisch spielen dabei besonders die sogenannten CD4+ T-Zellen und ihre Differenzierungen in Th1, Th2, Th17 und Treg eine Rolle.
Es kommt zu einer massiven Stimulation und Produktion von B-Zellen und Plasmazellen, die Antikörper gegen die Schilddrüsenzellen bilden. Zusätzlich werden Lymphozyten, Makrophagen und Zytokine wie Interferon oder TNF alpha aktiviert. Hierdurch wird der Autoimmunprozess verstärkt und es kommt zur Zerstörung der Schilddrüse.
Weil fast alle Organe durch die Schilddrüsenhormone beeinflusst werden, sind auch die Symptome einer Unterfunktion sehr vielseitig.
Typische Symptome einer Unterfunktion bei Hashimoto-Thyreoiditis sind:
Müdigkeit, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, allgemeine körperliche Erschöpfung, fehlende Belastbarkeit, Motivations-, Antriebslosigkeit, Gewichtszunahme, erhöhte Kälteempfindlichkeit, Depressionen, Infektanfälligkeit, Räusper-, Hustenzwang, Stimmveränderungen, Engegefühl am Hals, Globusgefühl, Schlafstörungen, Gelenkschmerzen, Haarausfall, trockene Haut, brüchige Fingernägel, Blähungen, Verstopfung, Zyklusstörung bei der Frau, nächtliches Kribbeln und Einschlafen von Händen und Unterarmen (Karpaltunnelsyndrom), Libidoverlust, depressive Verstimmung, Muskelschwäche, Anstieg der Blutfette, Herzrhythmusstörungen, verlangsamter Herzschlag, Wassereinlagerungen, Ödeme, Schwerhörigkeit, Muskelschmerzen, raue Stimme, unerfüllter Kinderwunsch, Wachstums- und Entwicklungsstörungen bei Kindern.
Die Vielzahl und Variabilität der möglichen Symptome bei Hashimoto-Thyreoiditis führen in der Regel dazu, dass die Diagnose erst sehr spät gestellt wird.
Hashimoto-Thyreoiditis und Psyche
Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis leiden nicht selten an kognitiven Störungen im Bereich Denken, Merkfähigkeit und Konzentration. Zudem kommt es auch häufig zu affektiven Störungen im Bereich Stimmung, Gefühl oder sozialen Verhalten.
Die Symptome kommen dabei in unterschiedlicher Ausprägung vor. Manchmal führen die Beschwerden nur zu einer leichten Beeinträchtigung, manchmal aber auch zu ernsthaften Erkrankungen wie Depression, Panikattacken oder Pseudo-Demenz.
Es ist noch nicht endgültig geklärt, ob diese Symptome eine direkte Folge der Schilddrüsenfunktionsstörung sind. Manche Schilddrüsenspezialisten machen auch die Schilddrüsenantikörper selber dafür verantwortlich. Andere sehen die Ursache der bei Hashimoto-Thyreoiditis so häufig auftretenden psychischen Beschwerden in einem übergeordneten immunologischen Krankheitsprozess im Gehirn.
Auch die lokale Verteilung der Thyroxin-Rezeptoren im Gehirn spielt wohl eine bedeutende Rolle. Man nimmt auch an, dass eine genetisch bedingte Variabilität der Dejonidase im Gehirn, die Ursache dafür ist, dass manche Patienten sich mit einer Kombinationstherapie von T4 und T3 wohler fühlen als mit der T4-Monotherapie.
Die Therapie bei Hashimoto-Thyreoiditis sollte als primäres Ziel eine Verbesserung der Lebensqualität der Patienten als Ziel haben. Eine ausschließliche Orientierung am im Blut bestimmte TSH-Wert ist nicht sinnvoll, da hiermit keine sichere Aussage zur adäquaten Thyroxin-Versorgung der einzelnen Organe wie z. B. dem Gehirn möglich ist. Zahlreiche internationale Studien haben nachweisen können, dass auch vermeintlich euthyreote (normale Schilddrüsenwerte) Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis von einer Thyroxin-Therapie profitieren. Auch diese Patienten mit einem TSH im Normbereich verspürten durch die Hormongabe einen deutlichen Rückgang ihrer psychischen Beschwerden. Insbesondere verbesserten sich Symptome wie Denkschwäche, Konzentrationsstörung, Antriebslosigkeit, Traurigkeit, Müdigkeit oder Ängstlichkeit.
Kinder können an Hashimoto-Thyreoiditis erkranken
Bei Kindern mit Hashimoto-Thyreoiditis äußert sich eine Schilddrüsenunterfunktion oft wenig charakteristisch: Antriebslosigkeit, Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen sowie Übergewicht können Anzeichen sein. Nicht selten leiden Kinder mit Hashimoto-Thyreoiditis auch an Wachstums- und Entwicklungsstörungen. In der Schule fällt oft eine Lernschwäche auf. Ist eine Schilddrüsenunterfunktion die Ursache, lässt sich diese gut behandeln und die Symptome verschwinden meist.
Hashimoto-Guide von Dr. med. Christian Lunow
Obwohl die Autoimmunerkrankung der Schilddrüse zu einer Volkskrankheit geworden ist, gibt es in Deutschland immer noch nur wenige Experten für Hashimoto-Thyreoiditis. Dr. med. Christian Lunow vom Zentrum für Schilddrüsenerkrankungen in Bornheim und Bonn zeigt in diesem Ratgeber, dass Hashimoto-Thyreoiditis nach dem heutigen Stand der Wissenschaft zwar nicht heilbar, durch eine individuell angepasste Therapie aber in der Regel gut behandelbar ist. Die medikamentöse Einstellung sollte sich dabei in erster Linie an den Symptomen der Patienten und nicht an den Laborwerten orientieren. Das Buch kann bestellt werden, z.B. über Thalia oder Amazon.
Informations-Video zu Ursachen, Symptomen und Therapie der Hashimoto-Thyreoiditis
Schilddrüsenzentrum Köln/Bonn: Hashimoto-Thyreoiditis - YouTube